SVA Rollis -
Vom: 20.06.2013
Auf dem Weg zu den Paralympics
Quelle: Husumer Nachrichten v. 15.06.2013

friedrichstadt. An weite Wege sind Oliver Jantz und sein Vater Norbert gewöhnt. Einmal pro Woche geht’s von Koldenbüttel zum Training nach Flensburg, auch die wöchentliche Trainingseinheit in Hamburg beim HSV wird, so oft es geht, mitgenommen. Dazu kommen Lehrgänge in Hannover und Lobbach (bei Heidelberg) und - an diesem Wochenende - der Jugend-Ländervergleichskampf in Stuttgart, wo Oliver, der 15-jährige Rollstuhl-Basketballer aus Nordfriesland, für Niedersachsen antritt.

Die richtig weite Reise steht aber erst noch an. Vom 21. bis zum 25. Juni findet im niederländischen Utrecht das Paralympic European Youth Festival statt, und Oliver Jantz hat sich dort mit der deutschen U 19-Nationalmannschaft einen Platz unter den ersten Drei zum Ziel gesetzt. "Wir fahren mit dem Wohnmobil hinterher", sagt Vater Norbert, der natürlich gespannt ist, wie sich sein Sohn im Nationalteam schlägt.

Oliver wurde mit einer Teil-Querschnittslähmung geboren und kann die Beine nicht bewegen, er ist auf den Rollstuhl angewiesen. Große Worte macht der Schüler nicht. Schule? Na ja, Mathematik kann er nicht leiden. Er hat schon mal ein Praktikum als Zahntechniker gemacht, aber der Berufswunsch ist klar: "Ich will Profi werden." So wie sein großes Vorbild Kai Möller aus Ellingstedt im Kreis Schleswig-Flensburg, der sein Geld als Berufsspieler in Italien verdient.

So weit ist es noch nicht, doch ein großer Einschnitt steht dennoch bevor: Im August zieht der Koldenbütteler ins barrierefreie Sportinternat nach Hannover - allein. Dort wird das Basketball-Talent dann, mit einer Doppellizenz ausgestattet, für die zweite Mannschaft von Hannover United spielen. Stammverein des 15-Jährigen ist der SV Adelby in Flensburg, mit dem er in der abgelaufenen Saison den Meistertitel in der Oberliga Nord holte und in die Regionalliga aufstieg. Er war sechstbester Werfer der gesamten Liga.

"Oliver ist trotz seiner Jugend physisch stark und sowohl auf kurzen als auch auf längeren Strecken sehr schnell", sagt Vater Norbert, der das Training aufmerksam verfolgt. Sein Filius hat sich als Point Guard (Aufbauspieler) schnell etabliert. Sein Talent fiel bei einer Sichtung in Lübeck der damaligen Damen-Naionaltrainerin Heidi Kirste auf, kurz darauf wurde er in das Förderprogramm des DRS (Deutscher Rollstuhlsport-Verband) aufgenommen. In diesem Jahr wurde er erstmals in den U 19-Kader berufen und zählt jetzt fest zum zwölfköpfigen Aufgebot für das Paralympics-Festival in Utrecht, wo Handbiker, Schwimmer, Sitzvolleyballer und eben Rollstuhl-Basketballer an den Start gehen.

Rollstuhl-Basketball wird von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und auch von Nichtbehinderten gespielt, Grundlage ist das Regelwerk des "Fußgänger-Basketballs", das Feld ist genau so aufgebaut. Die Sportart wurde 1946 von amerikanischen Kriegsveteranen erfunden, seit 1960 zählt sie zum paralympischen Programm. In Deutschland gibt es seit 1990 eine Bundesliga, darunter gibt es weitere Ligen.

Oliver Jantz ist mittendrin in seiner sportlichen Entwicklung. "Das Training ist manchmal ganz schön hart", weiß Vater Norbert. Doch sein Sohn hat ein Ziel, auf das er hinarbeitet - die Paralympics 2020 in Istanbul, Tokio oder Madrid.
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